Rechtsextreme Kameradschaften,
Organisationen und Gruppen

In gemischtgeschlechtlichen, nicht parteiförmigen Organisationen und Gruppierungen beträgt der Frauenanteil zwischen zehn und 30 Prozent (Bitzan 2007), Schätzungen zufolge verhält es sich in der organisierten extremen Rechten ähnlich (fluter 2021). Seit den 1970er Jahren gab es aber auch eine Vielzahl reiner Frauengruppen und Zusammenschlüsse, wie z.B. den Mädelbund der Vikingjugend (bis 1994), die Deutsche Frauenfront (DFF) in den 1980er Jahren oder den Skingirl Freundeskreis Deutschland (SFD) in den 1990er Jahren (Bitzan 2008).


Allgemein scheint es einen Rückgang aktiver rechtsextremer Frauengruppen zu geben. Der Trend geht weg von Kameradschaften hin zu Interessensgruppen, die sich zeitweise einem bestimmten Thema wie der rassistischen Instrumentalisierung von Gewalt an Frauen widmen, vor allem online präsent sind und teilweise auf der Straße protestieren. Dass solche Interessensgruppen hinsichtlich ihrer Ideologien menschenfeindlich sind, wird manchmal erst auf den zweiten oder dritten Blick klar. Und genau das ist die Strategie: Vermeintlich friedfertige Frauen posten harmlosen und „typisch weiblichen“ Content wie Backrezepte oder Beauty-Tipps und vermischen diese Inhalte mit rassistischen oder antidemokratischen Statements.

Kameradschafterin

Die ADV Regina Maria-Josepha zu Dresden (Damenverbindung) wurde 2009 in Dresden gegründet und weist Nähe zur AfD, Identitären Bewegung (IB) und zu völkischen Burschen- und Mädelschaften auf. Zu ihren Mitgliedern gehören die AfD-Funktionärin Kerstin Volta sowie die IB-Aktivistin und rechte Influencerin Freya Honold. Weitere Mitglieder sollen bei Aktionen der Identitären vor dem Berliner Justizministerium oder der Eröffnung des gescheiterten identitären Hausprojekts „Kontrakultur“ in Halle beteiligt gewesen sein. Darüber hinaus bestehen Kontakte zu den völkischen und „deutschnationalen“ Mädelschaften „Freya“ und „Nike“ aus Österreich, sowie zu der Dresdner Burschenschaft Salamandria, die ebenfalls im neurechten Spektrum zu verorten ist und der Identitären Bewegung nahesteht. Politik wird bei der Damenverbindung offiziell jedoch nicht gemacht. Charity-Aktionen, gemeinsames Backen oder Stadtführungen sollen von der rechten bis rechtsextremen Ideologie der Frauen ablenken.


Via Lotta Magazin, koeln.noblogs.org, stura.tu-dresden.de, Radio Dresden

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Influencerin

Instagram, Vlogs und anderen gängige Formate werden von extrem rechten Influencerinnen gezielt als Vehikel genutzt, um die sogenannte Mitte der Gesellschaft und hier vor allem jüngere Menschen zu erreichen.


Ein Beispiel dafür ist Freya Honold, die wie ihre Freundin Reinhild Boßdorf Kader der sogenannten Identitären Bewegung ist und über Instagram & YouTube „Feminismus“ von rechts betreibt. Honold propagiert eine Art Leitfaden für die „traditionelle“ Hausfrau und Mutter: „Lerne Kochen und Backen. Habe deinen Haushalt unter Kontrolle. Lerne eine Handarbeit (Stricken, Sticken, Nähen). Setze dich mit deutscher Kultur und Brauchtum auseinander." Die auf den ersten Blick harmlos wirkenden Back- Haushalts- und Frisurentipps verschleiern die Radikalität der rechten Ideologie, die sich dahinter verbirgt. Ihre professionell wirkenden Videos werden vom „EinProzent“-Medienteam um Simon Kaupert produziert, einer Internet-Initiative der „neuen“ Rechten aus Deutschland und Österreich.


Via Das Erste, Deutschlandfunk, Faz.net, correctiv.org, Belltower.News 

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Frauen in Parteien
(Mitgliedschaften und Funktionär*innen)

Mitglieder und Mandatsträgerinnen in der AfD

Die AfD ist als eine in Teilen extrem rechte Partei zu bezeichnen. Sie lehnt die liberale Demokratie ab und äußerte wiederholt eine Akzeptanz von Gewalt (AAS 2021). Der Frauenanteil der AfD im neu gewählten Bundestag 2021 ist mit 13 Prozent im Vergleich zu allen anderen Parteien der niedrigste. Auch der Gesamtanteil unter den Mitgliedern in der Partei Ende 2019 ist im Vergleich zu den anderen Bundestagsparteien geringer. 

Frauenanteil in Parteien im Bundestag 2021

Quelle: DW 2021

Der Anteil der Frauen an den Mitgliedern der AfD lag zum Ende des Gründungsjahres 2013 bei nur 15,4 Prozent, zwei Jahre später bei lediglich 16 Prozent, um Ende 2019 17,8 Prozent zu erreichen. Das ist der niedrigste Anteil aller im Bundestag vertretenen Parteien (Niedermayer 2020). 


Trotz des insgesamt niedrigen Anteils sind Frauen in der AfD in unterschiedlichen, aber vor allem auch herausragenden Rollen und Funktionen aktiv. Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Christina Baum, Beisitzerin im AfD-Bundesvorstand, Beatrix von Storch, ehemalige stellvertretene Bundesprecherin, oder die ehemalige Parteisprecherin Frauke Petry standen und stehen sogar zentral für das Erscheinungsbild der männerdominierten Partei. Alle diese Spitzenpolitikerinnen haben sich völkisch, nationalistisch oder rassistisch geäußert. Nach außen geben sie ihrer Partei dennoch ein feminines und damit ‚friedfertiger‘ erscheinendes Gesicht und sollen das Bild vermitteln, dass die AfD offen für Frauen und damit eine moderne Partei sei, trotz ihres programmatischen Antifeminismus. Zudem können sie zum Beispiel in Debatten um Geflüchtete glaubhafter Ängste schüren als Männer. Frauen aus der AfD, wie beispielsweise Christina Baum oder Nicole Höchst, traten maßgeblich bei Aktionen wie dem Frauenmarsch Berlin oder Kandel ist überall in Erscheinung, die (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen rassistisch instrumentalisierten. Auch über Deutschland hinaus sind Frauen in ganz Europa in rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen aktiv – sie bilden sozusagen das weibliche Antlitz des Rechtspopulismus. (FES 2018). 

Frauengruppen in der AfD

FridA – Frauen in der Alternative e.V.

FridA – Frauen in der Alternative e.V. gründete sich als eingetragener Verein im Zuge des am 3. November 2018 stattgefundenen Alternativen Frauenkongresses der AfD. Die Vorsitzende unter den 13 Gründungsmitgliedern, Anja Markmann, kommentierte: „Wir sind eben keine linksgrünen männerhassenden Frauen, die gegen ein vermeintliches Patriarchat kämpfen wollen, sondern Frauen, die allesamt mitten im Leben stehen und sich für eine vernünftige alternative Politik einsetzen – das unterscheidet uns von den Frauenorganisationen der Altparteien.“ Schirmherrin war die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst. FridA war Teil einer gescheiterten Strategie, den Stimmanteil der AfD bei den weiblichen Wählern zu erhöhen. Dafür sollte ein bewusst gemäßigter, friedfertiger, weniger radikaler Auftritt und das Label „konservativ“ sorgen. Seit Sommer 2019 ist von FridA nichts mehr zu hören, die Homepage ist offline.


FrauenAlternative (Falter e.V.)

Im März 2019 gründete sich – zunächst parallel zu FridA – der Verein FrauenAlternative (Falter e.V.) mit Sitz im bayrischen Schmiechen. Vorsitzende des Vereins ist die bayrische AfD-Politikerin Heike Themel. Als ihre Stellvertreterin fungiert Alexandra Kloß aus Thüringen, Mitarbeiterin des Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner, die bereits bei der Gründung von FridA als Vorstandsmitglied aufgeführt worden war, ebenso wie die Kandidatin für das Berliner Abgeordnetenhaus Beate Prömm, die nun als zweite stellvertretende Vorsitzende von Falter e.V. genannt wird. Als weitere Referentinnen benennt die Homepage von Falter die AfDlerinnen Leyla Bilge und Christiane Christen, die sich der rassistischen Aufladung des Themas sexualisierte Gewalt gegen Frauen verschrieben haben und sogenannte Frauenmärsche bzw. Kandel ist überall-Demonstrationen organisierten. Die Website ist mittlerweile gelöscht. Themel wechselte im September 2021 zur Partei Die Basis.

Via apabiz, endstation-rechts und nd-aktuell

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Parteifunktionärin

Eine bekannte rechtsextreme Parteifunktionärin ist Ricarda Riefling. Sie ist Mitglied im Parteivorstand der NPD und für Familienpolitik zuständig. Riefling ist seit ihrer Jugend Teil rechtsextremer Szenen, beteiligte sich an rechtsextremen Gedenkmärschen, hörte rechtsextreme Musik und organisierte Veranstaltungen, auf denen ihr damaliger Mann, der Nazi-Aktivist Dieter Riefling, Hassreden hielt. Nach eigener Aussage will sie das „Deutsche Volk“ vor „Überfremdung“ und Kinderlosigkeit retten. Völkisch-nationalistische Gesinnung und Narrative ihrer Partei leitet sie gern mit einem „Bekenntnis zur Mutterschaft“ ein. Die Strategie dahinter: der menschenfeindlichen Partei einen menschlichen Anstrich zu geben.

 

Via Belltower.News

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Betrachtung kleinerer Parteien

Mitglieder

Bei den kleineren Parteien der extremen Rechten schwankte der Frauenanteil in den 1990er Jahren zwischen sieben und 20 Prozent. Nach Eigendarstellung von NPD und Die Republikaner (REP) waren 2001 dort etwa ein Fünftel der Mitglieder Frauen (Bitzan 2002). Für die NPD wird 2011 ein Frauenanteil unter den Mitgliedern von 23 Prozent angegeben. Forscher*innen nehmen daher an, dass sich die Frauenrate der Partei in den 2000/2010er Jahren relativ konstant auf 20 bis 25 Prozent belief (Dubslaff 2022).

Anteil der Frauen an den Mitgliedern der politischen Parteien
in Deutschland am 31. Dezember 2019

Quelle: Statista

Bundesvorstände

In den Bundesvorständen extrem rechter Parteien liegt der Frauenanteil heute bei maximal 29 Prozent – mit teils sehr unterschiedlichen Entwicklungen. So sitzt etwa bei der Partei Der III. Weg keine einzige Frau im Bundesvorstand (Bundeswahlleiter 2021/2022). Im Bundesvorstand der NPD waren zwischen 2016 und 2019 selten mehr als zwei Frauen vertreten. 2019 lag der Frauenanteil in acht NPD-Landesvorständen dann bei über 15 Prozent. In drei Landesverbänden waren sogar über 30 Prozent Frauen im Vorstand aufgestellt. Nur noch vier Vorstände (im Vergleich zu acht im Jahr 2005) waren rein männlich (Dubslaff 2022).

Kommunale Mandate

In der Regel betrug der Frauenanteil unter Kommunalparlamentarier*innen der NPD in den 2000er Jahren zwischen zehn und 30 Prozent (Dubslaff 2022). In einem bundesweiten Überblick von Mandaten rechter und extrem rechter Kommunalpolitiker*innen (insgesamt rund 2.355 Mandate) listete das Apabiz 2018 einen Frauenanteil bei der AfD von 11,2 Prozent, bei den Liberal-Konservativen Reformern (LKR) von 10,3 Prozent, bei NPD von 8,8 Prozent, bei der sogenannten Pro-Bewegung von 24,1 Prozent und bei den Republikanern (REP) von 9,6 Prozent.

Kandidatinnen zu Bundestags- und Europawahlen

Bei der Bundestagswahl 2005 waren zwischen zehn und 15 Prozent der Kandidat*innen von NPD, DVU und REP weiblich. Diese Anteile haben sich trotz Neuaufstellungen im Parteienspektrum seitdem nicht verändert. Zur Bundestagswahl 2021 betrug der Frauenanteil bei den Kandidat*innen der extrem rechten Parteien AfD 13,5 Prozent, bei der NPD 14,1 Prozent sowie bei Der III. Weg 11,1 Prozent. (Bundeswahlleiter 2021.)


Die extrem rechte Splitterpartei „Die Rechte“ stellte 2018 die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel als Spitzenkandidatin für die Europawahl 2019 auf. Zu dem Zeitpunkt war die über 90-jährige Frau bereits aufgrund ihrer Aussagen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, hatte aber darauf bestanden, diese aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten zu können. Haverbeck-Wetzels zahlreiche Holocaustleugnungen und –Relativierungen führten aber nicht nur zu Gefängnisstrafen, sondern brachten ihr auch Solidaritätsbekundungen aus der breiten völkisch-rechtsextremen Szene (AAS 2021).

Kandidat*innen Landesliste Bundestagswahl 2021 (%)

Quelle: BpB 2021

Straf-und Gewalttaten:
Vernetzungen bis zum Rechtsterrorismus

Bitzan (2007) gibt an, dass bis zu zehn Prozent der rechtsextremen Gewalt- und Straftaten von Frauen verübt werden. Dieser Anteil scheint zunächst gering. Dabei ist aber zum einen zu beachten, dass sich die doppelte Unsichtbarkeit von Frauen im Rechtsextremismus (Lehnert/Radvan 2016) auch in der Ermittlung von Täter*innen sowie in der gerichtlichen Beurteilung von Taten widerspiegelt. Strafverfolgungsbehörden gehen häufig von männlichen Tatverantwortlichen aus, weibliche Täterschaft und Tatbeteiligung wird häufig nicht ausermittelt – rechtsextreme Frauen geraten so aus dem Blick. Die BKA-Statistik zur politisch motivierten Kriminalität gibt keine Aufschlüsselung zum Geschlecht der Tatverdächtigen. Zum anderen fehlen bis heute belastbare umfassende und vergleichbare Studien zur Tatbeteiligung von Frauen an extrem rechten Straf- und Gewalttaten (Bitzan 2016). 


Dabei hat insbesondere auch der Prozess um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gezeigt, dass Frauen im Rechtsterrorismus als wichtige Akteurinnen agieren, die darüber hinaus auch sehr gut vernetzt sind. Werden einzelne Fälle rechtsextremer Gewalt- und Terrortaten genauer betrachtet wird deutlich, dass die Beteiligung von Frauen und ihre Rollen und Aufgaben genauso relevant für die Planung und Durchführung sind. Sie stehen Wache bei brutalen, rechtsextrem motivierten Überfällen und besorgen den Spiritus für Brandanschläge oder illegale Sprengkörper für Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte. Ihre Wohnungen werden als Rückzugs- und Planungsorte zur Verfügung gestellt, sie nehmen aktiv an Planungstreffen teil oder fahren ihre Kameraden zu den Anschlagsorten. Teilweise sind diese Frauen schon lange aktiv in Neonazi-Strukturen eingebunden und vorbestraft, manchmal war ihre politische Gesinnung vorher nicht bekannt. Nahezu keine Gruppentat wird ohne Frauen ausgeführt. Frauen waren auch in der bundesdeutschen Vergangenheit an rechtsterroristischen Gruppierungen, etwa den Deutschen Aktionsgruppen (DA) oder der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands (VSBD), beteiligt. Aber damals wie heute erhalten sie häufig geringere Haftstrafen als die beteiligten Männer (AAS 2018).


Auch in Einstellungsuntersuchungen unterscheiden sich Männern und Frauen bei Gewaltaffinität und Gewaltbilligung kaum. Angesichts der PEGIDA-Proteste gegen die Aufnahme geflüchteter Menschen erhob die Einstellungsforschung auch hierzu Daten. So sagten 13 Prozent der Befragten, dass sie zumindest teilweise Verständnis dafür hätten, wenn Bürger*innen sich gewaltvoll gegen Geflüchtetenunterkünfte zur Wehr setzten, wobei es nahezu keine Unterschiede im Antwortverhalten von Frauen und Männern gab. Im Jahr 2015 mit zahlreichen Angriffen vor allem auf Geflüchtete und deren Unterstützer*innen verdoppelte sich die Anzahl rechtsextremer Gewalttaten.

Rechtsterroristinnen

Zwei der bekannteren Rechtsterroristinnen der vergangenen Jahre werden hier vorgestellt.

Beate Zschäpe

Verurteilte Rechtsterroristin des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)


Beate Zschäpe gehörte zum Kerntrio des Komplexes Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und ist vermutlich die bekannteste Rechtsterroristin Deutschlands. Als Hauptangeklagte im NSU-Prozess wurde sie am 11. Juli 2018 als Mittäterin für die Ermordung von zehn Menschen und anderer Taten vom Oberlandesgericht München zu lebenslanger Haft verurteilt. 


Via Belltower.News, AAS, NSU-Watch 

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Susanne G.

Verurteilte Rechtsterroristin

Heilpraktikerin G. sendete bunte Postkarten mit Todesdrohungen und scharfen Patronen an Politiker*innen, eine Moscheegemeinde und einen Flüchtlingshilfeverein, wofür sie 2021 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. 

Während Ralf Wohllebens Zeit in Untersuchungshaft pflegte Susanne G. Briefkontakt und hatte Besuchsrechte. Wohlleben, ehemals stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher der NPD Thüringen, war Unterstützer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und saß während des Prozesses in Untersuchungshaft. Er wurde wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen verurteilt. Neben diesen Verstrickungen zum NSU engagierte sie sich bei der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“ und beteiligte sich an rechtsextremer Gefangenenhilfe. Als Parteimitglied des III. Weges fiel sie dem Verfassungsschutz 2015 das erste Mal auf. 

Via Belltower.News, br.de, NSU Watch

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Unterstützerinnen

Auch als Unterstützerinnen rechtsterroristischer Taten nehmen Frauen Schlüsselrollen für die extreme Rechte ein. Dabei haben sie verschiedene Funktionen, die hier anhand von drei Frauen, die im NSU-Komplex eine Rolle spielten, beispielhaft dargestellt werden.

  • Vernetzung in der Szene
    (Corryna G.)

    Knotenpunkt rechtsextremer Vernetzung

    Corryna G. nimmt eine Schlüsselposition in der rechtsextremen Vernetzung ein und spielte im NSU-Komplex eine wichtige Rolle. So sagte Corryna G. im hessischen NSU Untersuchungsausschuss aus, dass sie etwa ein halbes Jahr vor dem Mord an dem Kasseler Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat mehrfach in dessen Café war.

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    Dabei ist sie der Szene noch heute verbunden und hat u.a. Kontakt zu dem Kasseler Rechtsextremen Mike S., der sich selbst als Freund des Lübcke-Mörders Stephan Ernst bekannte und den Behörden im Rahmen der NSU-Ermittlungen auffiel. 

    Via exif-recherche, Frankfurter Rundschau, AAS, Welt 

  • Hilfe im Untergrund
    (Susann E.)

    Unterstützung untergetauchter Täter*innen

    Susann E. gilt als enge Vertraute Beate Zschäpes. In der Zeit, in der Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt untergetaucht waren, lieh Susann E. Zschäpe ihre Identität, zum Beispiel in Form einer Bahncard oder um Urlaube zu buchen. Als Zschäpe 2006 in Zwickau zu einem Einbruch und Wasserschaden in der Nachbarschaft bei der Polizei aussagen musste, gab sie sich als Susann E. aus. Dem sächsischen Verfassungsschutz war sie bis zum Ermittlungsverfahren nicht bekannt. 

    In das Oberlandesgericht ließ sich Susann E. häufig von Karl-Heinz S., einem Münchener Neonazi, begleiten. 

    Via AAS, taz, Spiegel 

  • Beschaffung von Sprengkörpern
    (Denise G.)

    Mitglied der Oldschool Society (OSS)

    Denise G. wurde als einzige Frau unter den Mitgliedern der OSS, eines bundesweiten rechtsterroristischen Netzwerks, angeklagt. Die OSS war von 2014 bis 2015 aktiv und plante unter anderem Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte. Die wegen Körperverletzung vorbestrafte Denise G. organisierte Sprengkörper für einen Anschlag und gab Tipps zum Bau von Sprengsätzen. Obwohl ihre Mitgliedschaft in der OSS durch das Gericht anerkannt wurde, wurden ihr ideologisches Weltbild und ihre extrem rechte Einstellung nicht beleuchtet.

    Via AAS

  • Unterstützung bei Überfällen und Anschlägen
    (Maria K.)

    Mitglied der Gruppe Freital

    Wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung wurden 2017 acht Personen vor dem OLG Dresden angeklagt. Die einzige Frau, Maria K., soll bei verschiedenen Anschlägen involviert gewesen sein. Sie habe u.a. für einen Überfall auf ein Wohnprojekt ein Fluchtfahrzeug gestellt und soll bei dem Anschlag auf ein Auto eines DIE LINKE-Politikers die Polizeiwache beobachtet haben.

    Via AAS 

  • Initiatorin von Demonstrationen
    (Marion G.)

    mutmaßlich Rekrutierung für Gruppe S.

    Marion G. organisierte unter anderem Treffen und gründete Chatgruppen, um Akteur*innen zu vernetzen, welche die Durchführung extrem rechter Taten planten. Sie war somit zentral für die spätere Gründung der Gruppe S. Deren Mitglieder wurden für die mutmaßliche Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung angeklagt und kamen unter anderem durch Marion G.s Bemühungen in Kontakt. Sie selbst wurde indes nicht vor Gericht gestellt.

    Via Belltower.News

  • Gut vernetzte Anwältinnen
    (Nicole Schneiders)

    Rechtsanwältin, die der
    neonazistischen Szene zugerechnet wird

    Schneiders war schon früh in der Neonazi- und Kameradschaftsszene unterwegs und ist hierdurch bis heute breit vernetzt. Aktenkundig wurde sie das erste Mal im Alter von 16 Jahren bei einer aufgelösten Versammlung der mittlerweile verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Später zog sie nach Jena und wurde Vize-NPD-Kreisvorsitzende als Stellvertreterin von Ralf Wohlleben, einem Thüringer Neonazis, der als wichtigster Unterstützer des NSU-Kerntrios gilt.

    Zu ihren Mandant*innen zählen bekannte Rechtsextreme, wie Ralf Wohlleben, Susanne G. und Markus H, der mutmaßliche Komplize des Lübke-Mörders Stephan E.

    Schneiders bezeichnet sich selbst explizit nicht als politische Aktivistin, wurde aber beispielsweise am 1. Mai 2021 als Teilnehmerin eines bundesweiten Aufmarschs der NPD in Essen gesehen. 

    Via Rechercheportal Jena-SHK, Stern, Spiegel online, NSU-Watch 

    Was tun?
    Handlungsempfehlungen und Forderungen

    Die vorangegangenen Darstellungen machen deutlich, dass Frauen noch immer nicht als extrem rechte Akteurinnen wahrgenommen werden. Entsprechend fehlen nicht nur Daten und Zahlen zu ihrer tatsächlichen Beteiligung: Sie können darüber hinaus ungehindert und ungesehen agieren. Was muss sich also ändern?

    Was muss sich also ändern?

      Geschlecht muss in der Recherche und Analyse der extremen Rechten mitberücksichtigt werden, damit sowohl in der Forschung als auch der breiten Öffentlichkeit und den Sicherheitsbehörden ein Bewusstsein für die verschiedenen Funktionen, Rollen und Identifikationsangebote entsteht.
    • Geschlechterreflektierende Rechtsextremismusprävention muss weiter in der Demokratieförderung verankert werden. Es braucht Angebote und Gegenstrategien, die sich explizit der Problemstellung der doppelten Unsichtbarkeit von Frauen in der extremen Rechten annehmen. Auch in der Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit braucht es einen Ausbau geschlechterreflektierender Ansätze.

    • Justiz und Sicherheitsbehörden müssen in Hinblick auf die Bedeutung von Frauen für die extreme Rechte sensibilisiert und geschult werden, um Leerstellen in der Aufklärung rechtsterroristischer oder extrem rechter Gewalttaten zu vermeiden. Die Rolle von Frauen in der extremen Rechten und den damit verbundenen Straftaten muss sich auch angemessenen in der Strafverfolgung und in Gerichtsurteilen widerspiegeln.

    • Instagram, Vlogs und andere gängige Formaten, die vor allem junge Menschen ansprechen, werden von Rechtsextremistinnen gezielt genutzt, um Geschlechterthemen mit rechtsextremen Narrativen breitenwirksam zu bespielen. Zu diesen Narrativen gehört beispielsweise jenes, demzufolge sexualisierte Gewalt (fast) ausschließlich durch Menschen mit Migrationsgeschichte verübt werde. Mit derartigen Erzählungen, verpackt in jungendaffinen Formaten, versuchen sie, in die sogenannte Mitte der Gesellschaft zu wirken. Solchen Strategien kann nur durch eine entsprechende Sensibilisierung von Behörden und in der Pädagogik entgegengewirkt werden.

    Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus

    Design: Burak Korkmaz, burakkorkmaz.de


    Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor*innen die Verantwortung.

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